Effizienzuntersuchungen an Vogel-Ersatzquartieren
Update: Ausstellung im NABU-Büro
17.09. - 16.10. NABU lädt ein zu Ausstellung und Seminaren
Dank einer Förderung des Sächsischen Staatsministeriums für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft hat der NABU Regionalverband Dresden-Meißen e.V. in zwei mehrjährigen Projekten den Artenschutz am Bau an zwei unterschiedlichen Brennpunkten untersucht: zum Einen die Effizienz von Vogelersatzquartieren, zum Anderen die Vogelkollision an Glas.
Bauen mit Glas hat Konjunktur: Menschen möchten sich in transparenten Wohn- und Arbeitsstätten mit viel Licht und Nähe zur Natur geborgen fühlen. Auch die Energieeffizienz spielt eine Rolle bei der Entscheidung für den Baustoff Glas.
Andererseits sterben jährlich in Deutschland 110 Millionen Vögel an Glasflächen. Vogelkollision an Glas ist damit ein Hauptgefährdungsfaktor für Bestandsrückgänge in Deutschland. Kann man diese Gefährdungspotenziale entschärfen und gleichzeitig Bauherren vor kostenintensiven Vermeidungsmaßnahmen schützen?
Projektseminare
Im Rahmen dieses Projektes werden auch Seminare durchgeführt:
- 01.10. 9 – 11 Uhr Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung Sachsen Anmeldung: https://knbsachsen.de/seminare/ (Online-Seminar)
- 09.10./06.11. jeweils 16 – 19 Uhr njumii – Das Bildungszentrum des Handwerks, Dresden, Am Lagerplatz 8, Anmeldung: dresden_at_nabu-sachsen.de bzw. 0351-30930619 (Präsenzseminar), Infos zum Veranstaltungsort: https://www.hwk-dresden.de/ueber-uns/veranstaltungszentrum.html
- 13.11. 17 – 20.00 NABU-Büro, Kamenzer Straße 11, 01099 Dresden, Anmeldung: dresden_at_nabu-sachsen.de bzw. 0351-30930619
Auf Wunsch können auch weitere Seminare direkt beim Regionalverband gebucht werden, wir kommen gern zu Ihnen!
Ausstellung vom 17.09. – 16.10.
Dieser Frage widmet sich eine Ausstellung im Büro des NABU-Regionalverbandes in der Kamenzer Straße 11 in Dresden-Neustadt. Diese ist vom 17.09. bis 16.10. von Dienstag bis Donnerstag von 14 bis 18 Uhr zu besichtigen. Eine Besichtigung ist auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich (Tel. Anmeldung zu den Sprechzeiten Di 15 – 18, Do 9 – 12 Uhr unter 0351-30930619 oder unter dresden_at_nabu-sachsen.de)
Der zweite Teil der Ausstellung widmet sich der Frage der Effizienz von Vogelersatzquartieren: Im Rahmen eines vom Freistaat geförderten Projektes wurden Besiedlungsgrade von Nistkästen und integrativen Quartieren getestet, Einbau- und Materialempfehlungen gegeben.
Dabei möchten wir insbesondere mit Gebäudeeigentümern, Architekten, Planern und Bauhandwerkern ins Gespräch kommen. Klimafreundliches Bauen, Ästhetik und Artenschutz müssen einander nicht ausschließen! Aber auch jeder interessierte Bürger, jede Bürgerin kann Wissenswertes über gebäudebrütende Vögel erfahren.


Projektvorstellung auf der Messe Haus 2025 vom 06. - 09.03.2025
Der Projektflyer ist da
Vom 06. bis zum 09. März 2025 zeigten wir Präsenz an unserem Stand auf der Messe "Haus 2025 im Dresdner Ostragehege.
Unser Stand wurde rege besucht: Wir führten angeregte Gespräche mit für die Ausschreibung zuständigen Fachleuten, Herstellern, Werkstoffproduzenten, Dozenten und interessierten Bürgerinnen und Bürgern.



Pünktlich zur Messe wurde unser Projektflyer fertiggestellt, der eine Zusammenfassung der bisherigen Ergebnisse enthält.
Er kann hier heruntergeladen werden:

Stand Dezember 2024
Unser vom Sächsischen Ministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft gefördertes Projekt ging nun ins dritte Jahr.
Zunächst einmal galt unser Augenmerk der Beseitigung von Einbaufehlern: So wurden an einer Schule in der Dresdner Tiergartenstraße Mauersegler-Koloniekästen (Hersteller: Fa. Strobel) mit verkehrt herum eingebauten Frontklappen gereinigt und diese umgedreht. Unsere Befürchtungen, dass wir hier Kükenkadaver, die den Ausstieg nicht geschafft hatten, finden, wurde nicht bestätigt. Die Kästen waren zu 100 % angenommen, allerdings nur durch den Star. Leider zeigten sich große Verwitterungsschäden mit zerfallenden Vorderwänden, so dass nicht mehr alle den exakten Einbau überstanden. Wir werden gespannt beobachten, ob sich im kommenden Frühjahr auch der Mauersegler ansiedeln wird.
Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Beobachtung gut angenommener integrativer Quartiere. Konstruktionsvorschläge werden neben unseren Erfassungsergebnissen für Nistkästen in einen Flyer einfließen, mit dem wir vom 06. bis 09.03.2025 auf der Messe „Haus 2025“ vertreten sein werden. Im Rahmen von Vorträgen, beispielsweise vor der Dresdner Fachgruppe Ornithologie, wurden die Projektergebnisse vorgestellt. Weitere Kontakte mit Bauherren, u.a. zur Gestaltung von integrativen Quartieren am Städtischen Klinikum, sind in Planung.
Wir freuen uns, dass die Firma Schwegler so konstruktiv auf unsere Kritik reagierte und uns zwei Muster überließ, die die positiven Materialeigenschaften des atmungsaktiven Holzbetons mit mehr Distanz für Brutpaare kombinierte. In der Vergangenheit war oft der Effekt zu beobachten, dass ein Brutpaar alle drei, im Vergleich zu anderen Kästen etwas enger zusammenliegenden, Kammern „reserviert“, jedoch nur in einer brütete, was lediglich zu einer Auslastung von 39 % führte.
So weist der Haussperlingskoloniekasten 2 SP für hellere Standorte nur ein Einflugloch pro Kammer im Vergleich zu zweien beim 1 SP auf, der 3 SP drei Brutkammern mit voneinander abgewandten Einfluglöchern vorn und an den Seiten, um den Besiedlungsdruck der Vögel untereinander zu verringern.
Wir freuen uns, das Projekt im 1. Halbjahr 2025 mit Erfassungen bisher weniger beachteter Arten und Kastentypen fortsetzen zu können und im 2. Halbjahr vor allem die Öffentlichkeitsarbeit in Form von Schulungen und Ausstellungen zu intensivieren.






Projektbeschreibung – Ausgangssituation
Im Rahmen der seit 1996 bestehenden Bemühungen zum Thema „Artenschutz an Gebäuden“ in Dresden und Umgebung wurden allein vom NABU bzw. Naturschutzinstitut Dresden über 13.000 Ersatzquartiere für Vögel und Fledermäuse in Dresden und Meißen geschaffen bei ca. 22.000 Kompensationsquartieren insgesamt. Diese im Vergleich zu anderen Bundesländern hohe Anzahl verdanken wir vor allem der konsequenten Beauflagung nach §44 BNatSchG durch die Umweltämter Dresden und Meißen.
Ziel war es, die bereits seit 1990 entstandenen enormen Verluste der gebäudeabhängigen besonders und streng geschützten Tierarten zu begrenzen und Populationen zu stabilisieren. Hersteller von Naturschutzprodukten entwickelten in Anpassung an Wärmedämmverbundsysteme und neuartige Gebäudestrukturen eine Vielzahl von Leichtbetonkästen für Gebäude. Stichproben und Zufallsbeobachtungen lassen eine hohe Besiedlungsrate zumindest für Vögel vermuten.
Jedoch sind zielgerichtete und methodisch standardisierte Erfassungen notwendig, um die Wirkung der Kompensationsmaßnahmen evaluieren und notwendige Anpassungen planen und umsetzen zu können.
Jetzt, nach 25 Jahren, sind qualifizierte avifaunistische Effizienzuntersuchungen an ausgewählten Gebäudekomplexen dringend erforderlich. Als Zielarten stehen insbesondere Mauersegler, Haussperling, Star, Kohl- und Blaumeise, Dohle, Turmfalke sowie Hausrotschwanz im Fokus. Dabei spielt die Optimierung von Ersatzquartieren und ihre Anbringungsweise eine besondere Rolle.
Im Ergebnis können Empfehlungen, Strategien und Hinweise an die Hersteller von Naturschutzprodukten, Gutachter, Architekten und Umweltämter gemacht werden. Das würde weiterhin die Vorbildfunktion des Freistaates Sachsen stärken.
Diese Untersuchungen werden durch das Sächsische Ministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft für die Jahre 2022 – 2024 gefördert.
Methodik
In den Jahren 2022 und 2023 erfolgt ein Brutvogelmonitoring während der Brutzeit zwischen März und September an Gebäuden mit Ersatzquartieren. Ergänzt werden die Erfassungen durch Hubsteigerkontrollen und Gebäudebegehungen im Oktober und November.
Im Ergebnis der Untersuchungen können Besiedlungsraten für die verschiedenen Quartiertypen und Optimierungsvorschläge in Zusammenarbeit mit den Herstellern bzw. für konstruktive Quartiere mit den Architekten erstellt werden.
Konkrete Fragestellungen, welche im Projekt bearbeitet werden, sind:
- Sind die Kästen, insbesondere Leichtbetonkästen nach mehr als 10 Jahren, noch besiedelbar und welche Rolle spielt der Kastentyp?
- Von welchen Vogelarten werden die Ersatzkästen wann besiedelt? Gibt es eine chronologische Mehrfachnutzung unterschiedlicher Arten im Jahresverlauf?
- Welche Interaktionen und Konkurrenzbeziehungen gibt es zwischen den Arten bei Kastentypen mit mehreren Zielarten, kann bspw. der Haussperling seine Erstbrut beenden, bevor der Mauersegler „übernimmt“ oder kann der Star die Mauerseglerkästen uneingeschränkt nutzen?
- Wie werden Serienkästen und Brutabteile in Koloniebrüterkästen besiedelt und sind die z.Z. empfohlenen Abstände zielführend?
- Welche Rolle spielen Prädatoren, welche die Anbringungsweise am Gebäude?
- Wie ist die Besiedlung von integrativen Quartiertypen?
- Aufzeigung von Konfliktpotenzialen (z. B. Gefahr durch Taubenabwehr, Konfliktpotenziale mit Mietern, Verschmutzung von Fassaden)
Gebäudeauswahl
In inner- und außerstädtischen Bezirken von Dresden und Meißen wurden insgesamt 27 verschiedene Kastentypen verbaut, welche alle mindestens 2 x berücksichtigt werden. Geschlossene und aufgelockerte Bebauung, Plattenbau (WBS 70, WHH-17-Hochhäuser und vergleichbar) und Altbau, unterschiedliche Exposition je nach Himmelsrichtung, Anbringungshöhe, Beschattung und Fassadenbewuchs wurden bei der Stichprobenauswahl berücksichtigt.
So wurden letztendlich aus einer Grundgesamtheit von 1825 Gebäuden im Jahre 2022 36 Gebäude in Dresden und Meißen ausgewählt, für das Jahr 2023 folgen 35 weitere, nach Möglichkeit auch vereinzelt Kirchengebäude.
Des Weiteren wurden fünf Gebäude berücksichtigt, die dem Untersucher persönlich aus einer artenschutzfachlichen Baubegleitung aus den Jahren 2016 – 2019 bekannt waren, da hier Vorerfassungsergebnisse vorliegen und eine Effizienzabschätzung aufgrund der Datenlage besonders aussagekräftig ist.
Der Einbauzeitraum der Nistkästen liegt zwischen 2000 und 2020.









Vorläufige Ergebnisse
Besonders enttäuschend und zögerlich fällt die Besiedlung in den verdichteten Innenstadtteilen Dresden-Altstadt und – Neustadt aus. Auch glatte Klinkerfassaden oder Plattenverkleidungen sowie stark lärmbelastete Straßen scheinen sich negativ auszuwirken. Lediglich der Hausrotschwanz lässt sich nicht beirren und bezieht dort bereits wenige Jahre nach Kasteneinbau sogar für Mehrfachbruten Quartier.
Demgegenüber erfolgte bspw. am Johannstädter Elbufer, am Stadtrand sowie im begrünten Innenstadtbereich eine schnelle Besiedlung auch dicht beieinanderliegender Massenquartiere, die auch Einbaufehler und Verstöße gegen Mindestabstände zu tolerieren scheint. Der Haussperling, vereinzelt sogar der Feldsperling, der Star und der Mauersegler haben sich in diesen Gebieten sichten lassen. Dort, wo ausreichend Nahrungshabitate und Quartiere vorhanden sind, z.B. am Meißner Stadtrand, brüten selbst Haussperlinge, Stare und Mauersegler zeitgleich in einer Reihe, also in einem Mehrfachquartier, während es anderswo zu erbitterten Revierkämpfen mit Brut- bzw.- Gelegevernichtung des Haussperlings durch Star oder den Mauersegler kommt.
Dem ersten Anschein nach werden in günstigen Habitaten auch sehr schnell Nistkästen, die teilweise als problematisch gelten oder mit zu geringem Abstand verbaut wurden, angenommen. In sehr guten Habitaten, etwa Villenvierteln, werden jedoch eher Garten- und Altbaustrukturen und sogar Regenabflussrohre einem Nistkastenangebot vorgezogen.
Interessant ist auch die unterschiedliche Besiedlung durch den Mauersegler an Hochhäusern mit und ohne Turmfalkenvorkommen, selbst wenn diese benachbart sind und der Turmfalkenkasten sich an einer anderen Gebäudeseite befindet.
Details
Die im Jahre 2022 untersuchten Nisthilfen wiesen Besiedlungsraten von 14 bis 100 % auf. Bei den Haussperlingskoloniekästen zeigte sich der von Strobel (HspH4) mit 91 % dem von Schwegler (HspH3) eindeutig überlegen. Letzterer, wegen der eng beieinanderliegenden Brutkammern häufig kritisiert, wies immerhin noch eine Besiedlungsrate von 67 % auf. Allerdings wiesen die Strobel-Kästen bereits nach wenigen Jahren deutliche Verwitterungsschäden mit verrotteten Trennwänden, zerbrochenen Kontrollklappen und verschimmeltem Nistmaterial auf.
Zeitgleiche Mehrfachnutzungen von Brutkammern konnten, insbesondere in geeigneten Habitaten, in 46 bis 67 % der Fälle verzeichnet werden.
Bei den untersuchten Mauersegler- und Universalnistkästen mit ausreichender Grundgesamtheit konnten die von Hasselfeldt mit einer Besiedlungsrate von 79 % überzeugen. Allerdings ergeben sich offene Fragen aufgrund von Totfunden durch herabgebrochene Starensperren. Auch befanden sich alle betrachteten Kästen in sehr gut geeignetem Habitat.
Kein Unterschied ergab sich im Vergleich von Schwegler-Universalkästen (Msk) mit 42 % und Strobel-Mauersegler-Quartiersteinen (MsE) mit 44 %.
Aufeinander folgende Nutzungen von Haussperling und Mauersegler waren häufig, auch zeitgleiches Brüten von Haussperling, Mauersegler und Star in nebeneinanderliegenden Brutkammern, Revierkämpfe waren selten zu beobachten.
Die drei untersuchten Nischenbrüterkästen Schwegler (HHE/HHEK) und Strobel (HHK) wiesen ähnliche Besiedlungsraten zwischen 67 und 82 % auf. Unterschiede sind wahrscheinlich in erster Linie auf verschiedene Habitate zurückzuführen.
Integrative Quartiere konnten nach bisherigen Beobachtungen nicht überzeugen: Von fünf untersuchten Gebäuden wurde nur eines mit solchen im Traufbereich sporadisch beflogen, vier Gebäude mit integrativem Quartiertyp an der Fassade blieben, unabhängig vom Einbaujahr, unbesiedelt. Im Jahr 2023 zeichnet sich ein anderes Bild ab: Offenbar benötigen diese eine längere Zeit bis zur Erstbesiedlung, da sie schlechter auffindbar sind, werden dann aber konsequent und nachhaltig genutzt.
Weitere Unterschiede nach Einbaujahr, d.h. Kastenalter und nach Gebäudetypen konnten nicht festgestellt werden. Lediglich Hochhäuser konnten mit einer Besiedlungsrate von nur 25 % nicht überzeugen.
Als entscheidender Faktor erwies sich das Habitat, wobei Gebäude in offener Bebauung am besten abschnitten.
Ausblick
Folgende Fragen sollen in der Erfassungssaison 2023 näher betrachtet werden:
- Untersuchung bisher in geringer Anzahl vertretener Nistkastentypen
- Wie stellt sich der Zustand der Haussperlings-Koloniekästen (Strobel) an sonnigen, weniger feuchten Einbauorten dar?
- Sind die herabgebrochenen Starensperren der Mauersegler-Hasselfeldt-Kästen systematisch oder Einzelfälle? Wie wirkt sich diese auf den Bruterfolg aus?
- Gibt es auch positive Beispiele in verdichteten Innenstadt-Stadtteilen?
- Untersuchung von bisher wenig betrachteten Stadtteilen (Dresden-Nord, Dresden-West)
- Gibt es auch positive Besiedlungsbilanzen von integrativen Quartiertypen?
- Vereinzelt: Untersuchung von Dohlennisthilfen
